Haben kein Geld zu verschenken!

Schillerschule Lampertheim
Was muss passieren, um die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen?

LAMPERTHEIM - Am 14. März finden die Kommunalwahlen statt. In Lampertheim stehen CDU, Grüne, SPD und FDP zur Wahl. Im Vorfeld haben wir den Spitzenkandidaten der vier Parteien die gleichen Fragen gestellt. Heute antwortet Fritz Röhrenbeck für die FDP.

 

Was muss passieren, um die Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen?

Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, aus Lampertheim Mannheim oder Heidelberg machen zu können und die Innenstadt in eine Flaniermeile zu verwandeln. Man muss hier ehrlich zu sich selbst sein. Die Innenstadt sollte durch ein gastronomisches, kulturelles gepaart mit Einzelhandel gespicktes Angebot aktiviert werden, um für die Grundbedürfnisse der Bürger ausreichend gerüstet zu sein. So könnte Lampertheim als Wohnstandort attraktiv gemacht werden. Ein wichtiger Schritt hierzu ist die Öffnung der Kaiserstraße für Autos und die Wiederbelebung der Achse Bahnhof – Amtsgericht – Rathaus.

Das Bahnhofsumfeld soll umgestaltet und verschönert werden. Wie kann es doch noch gelingen, das Gebäude, das sich in privater Hand befindet, in die Pläne einzubinden?

Wir müssen – auch wenn wir es nicht schaffen, den Bahnhof käuflich zu erwerben – den Eigentümer in unsere Planungen bestmöglich mitnehmen und versuchen einen Schulterschluss zu schaffen. Die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes ist auch eine Aufwertung seines Gebäudes, bei dem die Verwaltung dringend darauf hinwirken muss, dass auch er sich beteiligt und den Zustand verbessert. Der Bahnhof darf als „Tor zur Stadt“ kein Schandfleck bleiben.

Wie kann dringend benötigter Bauraum für Neubürger geschaffen werden?

Zwei wichtige Punkte sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Erstens: Das Neubaugebiet Gleisdreieck endlich abschließen. Dazu ist eine Klärung bezüglich Ultranet erforderlich. Sollte hier keine Lösung gefunden werden können, dürfen wir seitens der Verwaltung nicht weiter vor uns hin dösen. Dann muss das Gebiet an der neuen Pestalozzischule ins Auge gefasst und forciert werden. Ein Neubaugebiet ist für Lampertheim zwingend notwendig. Zweitens: Nachverdichtung der Innenstadt sowie der innenstadtnahen Gebiete. Hier muss der neue Erste Stadtrat dringend Dinge anders machen als sein Vorgänger. Speziell was innerstädtische Bebauungspläne angeht, ist hier viel verschlafen worden. Ich hoffe, dass wir mit dem neuen Ersten Stadtrat ein höheres Tempo auch in Grundstücksankäufen bekommen und Gebiete so schneller entwickeln können.

Wie kann die Stadt fahrradfreundlicher werden?

Fahrradfreundlichkeit ist wichtig, jedoch nicht um jeden Preis. Lampertheim ist nicht Karlsruhe oder Berlin, wo ganze Straßen als Fahrradstraßen ausgebaut werden. Wichtig ist, dass wir einen sinnvollen Einklang zwischen Fahrrad und Kfz schaffen. Über eine Förderung für Fahrräder für die Bürger ist nachzudenken – zum Beispiel Subventionen beim Kauf eines E-Bikes.

Welche Bedeutung hat der Biedensand-Campus für die Stadt?

Das Schulzentrum am Biedensand ist maßgeblich für die Attraktivität unserer Stadt. Der Ausbau des Biedensand-Campus ist seitens des Kreises durchzuführen. Wir als Stadt können uns darüber glücklich schätzen, ein solch modernes Schulzentrum zu erhalten. Zum Thema Kulturhalle am dortigen Standort bin ich kritisch. Als Mensch aus der Wirtschaft widerstrebt es mir, Geld in einen teuren Neubau zu stecken und den Bestand in Lampertheim nicht zu berücksichtigen. Wir haben nämlich kein Geld zu verschenken und müssen sinnvolle Investitionen tätigen, statt prunkvolle Prestigeprojekte zu finanzieren.

Wo schlummern Potenziale, die dringend geweckt werden sollten?

Lampertheim ist als Standort in der Metropolregion Rhein-Neckar extrem wertvoll. Speziell in den Bereichen Gewerbeansiedlung und Innenstadtentwicklung haben uns die umliegenden Kommunen in den vergangenen Jahren massiv den Rang abgelaufen. Die SEL hat hier die letzten Jahre auf der Stelle getreten und es nicht geschafft, Gewerbegebiete und Investorengespräche sinnvoll zu vermarkten. Bürgermeister und Erster Stadtrat haben sich gegenseitig aufgrund zwischenmenschlicher Differenzen blockiert, darunter hat die Entwicklung der Stadt gelitten. Man kann in punkto Brauhaus oder Markthalle in der Innenstadt neidisch auf unsere Nachbarn aus Bürstadt blicken. Was Gewerbe angeht, muss man unterdessen neidisch nach Lorsch oder Bensheim schauen.  Lampertheim hat dieses Potenzial ebenfalls, es muss nur genutzt werden. Dadurch können wir die hohe Attraktivität als Wohn- und Lebensstandort Lampertheim für alle Generationen erhalten.

Was sind die dringlichsten Aufgaben in den Stadtteilen?

Die Ortsbeiräte und Bürgerkammern weiter stärken und bei den jeweiligen Vorhaben unterstützen. Speziell Projekte wie die Umgestaltung der Alten Schule in Hofheim oder der Neubau der Kindertagesstätte in Neuschloß waren wichtige Schritte in der letzten Legislatur zur Stärkung der Stadtteile.

Erst Nato-Straße, zuletzt ein Teilstück der Biedensandstraße. Was halten Sie von Straßensperrungen, um gegen Corona-Verstöße vorzugehen?

Lampertheim ist unter der Leitung des derzeitigen Bürgermeisters zu einer Stadt der Verbote geworden. Speziell die Straßensperrungen haben gezeigt, dass sich die Probleme dadurch nur an andere Plätze verlagern und somit nichts bringen. Wichtiger wäre es, mit den Bürgern in den Dialog zu treten, Alternativen zu schaffen und Wege aufzuzeigen. Von sinnfreiem „wir verbieten halt mal, weil wir es nicht besser wissen“ halte ich nichts. Die Reaktion der Bürgerinnen und Bürger zeigt, dass hier eine klare Kommunikation seitens der Verwaltung fehlt und man kaum auf Verständnis stößt.

Das Interview führte Philipp Sémon.